Dienstag, 27. November 2007

Lollipop und die Schlaumäuse

Die zu besprechende CD trägt den Titel „Lollipop und die Schlaumäuse – Fit für die Grundschule“ und gehört in die Rubrik „Unterhaltung und Lernen“. Verantwortlich für die fach- und mediendidaktische Konzeption sind Prof. Barbara Kochan von der ComputerLernWerkstatt an der TU Berlin sowie Elke Schröter und Gerd Scheimann als pädagogische beziehungsweise psychologische Fachleute im Team.
Herausgeber sind der Cornelsen Verlag und die Microsoft Deutschland GmbH. Das Begleitheftchen mit einem Nachweis aller Mitwirkenden an der Realisation dieses farbigen Comics mit Spielsituationen und sprechenden Figuren, die sich auch sehr reduziert bewegen können, weckt hohe Erwartungen. Auf den Einleitungsseiten stellen Kochan und Schröter folgende fett gedruckte Frage:„Was leistet eine Software für die Sprachförderung von Kindern?“ Ein Leser, der schnell zum Ende hinschaut, findet dort ebenso fett gedruckt die Antwort: „Viel Freude beim Forschen, Entdecken und Lernen!“ Das klingt gut, denn Freude und entdeckendes Lernen sind allseits anerkannte pädagogische Prinzipien, und die vorliegende CD hält, was sie verspricht. Das Wort „Forschen“ scheint jedoch etwas hoch gegriffen, da es in den “Schlaumäusen“ im Wesentlichen nur um Zuordnen, Wiedererkennen, Buchstabieren, Lesen, Hören und Schreiben geht.

Wir haben das Programm auf unserem modernen Laptop-Rechner (Prozessorgeschwindigkeit 2 Gigahertz, 448 MB RAM) problemlos installiert. Nach dem Anklicken zum Starten erscheint eine weiße Tafel, auf die der Nutzer seinen Name schreibt. Dann wird der Eingang zu einer spielplatzartigen Landschaft freigegeben. Dort sieht man im Vordergrund zwei Comic-Figuren mit den sinnigen Namen Lolli und Pop. Die eine Figur soll ein Mädchen sein, die andere ein Junge. Außerdem stehen da die beiden Schlaumäuse – ebenfalls als Comic-Figuren dargestellt, aber nur flächig gezeichnet. Sie begrüßen die Spieler auf ihrem Lernspielplatz.
Die Figur Lolli kann man aufgrund ihres Gesichts und der Haare zunächst nicht als Mädchen identifizieren. Was wohl ein Kleid sein soll, sieht eher wie ein Hemd aus; die ganze Figur ist eher ein Lausbub im Hemd - ohne Hose und mit heruntergerutschten Socken. Die Haare von beiden sind grünlich und sehen aus wie breite Grasblätter. Beide Figuren stehen immer in der gleichen, irgendwie schlaffen Haltung mit herabhängenden Armen, die gelegentlich eine einzige Bewegung machen. Kurz, die zeichnerische Qualität ist nicht die beste.

Die Namen Lolli und Pop sind ein Wortspiel, denn in der Zusammensetzung ergibt sich „Lollipop“, was bekanntlich das englische Wort für „Dauerlutscher“ ist. Lolli und Pop stellen sich auf Klick dem Nutzer vor. Ihre Stimmen klingen natürlich und sympathisch, aber das zu lernende Deutsch erschallt leicht mundartlich gefärbt, und zwar in süddeutscher Variante. Daher werden Wörter mit stimmhaftem /s/ nicht richtig artikuliert, da ein stimmloses /s/ statt eines stimmhaften gesprochen wird, zum Beispiel in dem Wort „zusammen“.

Auch die beiden wie Schablonen aussehenden „Schlaumäuse“ sind stimmlich nicht ganz gelungen. Sie klingen mit ihrem Singsang blechern und sind wohl mit Absicht etwas verzerrt worden, was möglicherweise kinderfreundlich wirkt, aber gewiss nicht die Nerven der Eltern schont. Es ist schade, dass ihr Gesang, der nach richtig gelösten Aufgaben eine Belohnungsfunktion hat, auch musikalisch eher kümmerlich daherkommt. Es gibt vergleichbare Lernspiele, in denen die Hersteller an solch einer nebensächlich erscheinenden Stelle sich richtig Mühe gegeben haben und die Figuren Liedchen singen lassen, die musikalisch für die Kinder vorbildlich sind. Wenn gelten soll, dass für unsere Vorschulkinder das Beste vorgezeigt werden sollte, so wurde in diesem Punkt das Ziel verfehlt.

Deutlich besser dagegen sind die Lern- und Spielsituationen in inhaltlicher Hinsicht zu bewerten.
Die Kinder finden im Schwierigkeitsgrad verschiedene Aufgabentypen vor, von der Wortschatzerweiterung bis zum Lesen und Schreiben. Die Spielanweisungen sind gut verständlich und die Kinder können jederzeit darauf zurückgreifen. Freude am Entdecken und Kombinieren und bestimmte Belohnungen begünstigen die Motivation.
Allerdings fällt bei einem der Spiele, das wie Memory funktioniert und bei dem der Spieler gegen die Figur Lolli antritt, eine unbefriedigende Eigenheit auf: Hat der Nutzer, also unser spielendes Kind, gegen Lolli ein Kartenpaar gewonnen, werden diese einkassiert und landen auf ihrem Kartenhäufchen mit dem Kommentar: „Die nehme ich gerne.“ oder „Danke, dass du sie mir schenkst.. Lolli gewinnt immer, auch wenn sie weniger Kartenpaare gefunden hat als der Mitspieler. Das spielende Kind reagiert etwas frustriert. Handelt es sich hier um einen Programmierfehler oder um eine erzieherische Zielsetzung, etwa im Sinne eines uneigennützigen Abgebens des einmal Gewonnenen?

Was die Spielidee insgesamt angeht: Sie ist denkbar einfach. Man spielt die verschiedenen Situationen durch und gewinnt bei richtigen Aufgabenlösungen ein Käsestückchen für die Abschlussparty.

In Tempo und Dynamik ist die Tendenz eher langsam. Gerade das erwies sich bei unseren Probanden, die dem jüngeren Vorschulalter angehören, als durchaus angemessen. Wir konnten eindeutig feststellbare Lernerfolge verbuchen und hörten gute Urteile aus Kindermund. Die Kinder wollten gerne auch wiederholt mit der CD lernen und spielen. Ob sie demnächst auch ganz selbständig damit umgehen können, bleibt abzuwarten.

Auf höherer Altersstufe dürfte der selbstständige Umgang mit dem Spiel kein Problem sein, aber alleine lassen sollte man die Kinder aus pädagogischen Gründen auch dann nicht, damit der PC mit seinen Spielmöglichkeiten eben nicht zum „Dauerlutscher“ wird. Die Welterfahrung der Kinder sollte immer in erster Linie eine reale und keine virtuelle sein.

Als Fazit stellen wir fest: Ein pädagogisch nützliches elektronisches Unterhaltungs-Lernspiel zur Unterstützung bei der Wortschatzerweiterung und beim Lesen- und Schreibenlernen, das in zeichnerischer, musikalischer und phonetischer Hinsicht, zum Teil auch im Inhaltlichen, deutlich besser sein könnte.
(G. Miklitz)

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